redaktioneller Beitrag von Klaus Leitzbach veröffentlicht am 26. November 2024
Mehr als 20 Jahre gibt es nun schon diese Diskussion: Bekommt Frankfurt eine moderne Multifunktionsarena?
In der Vergangenheit wurden verschiedene Standorte favorisiert, lange Zeit wollte man am Kaiserlei eine solche Arena bauen, nicht ohne Widerstand.
Dann plötzlich kam in Konkurrenz zum Kaiserlei ein weiterer Standort ins Gespräch, ein Gelände am Frankfurter Flughafen. Dort wollte die kanadische Katz Group mit "The Dome" eine Sport- und Kulturarena für 23.000 Zuschauer, eine kleine Halle mit einem Fassungsvermögen bis zu 4.500 Zuschauer, ein Hotel mit 250 bis 300 Zimmern und ein Parkhaus bauen. Es sollte die größte Indoor-Halle Deutschlands werden. Doch dieses Vorhaben wurde aus verschiedenen Gründen nicht realisiert.
Seit geraumer Zeit ist nun ein neuer Standort im Gespräch.
Direkt neben dem Stadion auf dem Gelände des ehemaligen Velodrom und dem heutigen Stadionparkplatz P9 soll nun die langersehnte Multifunktionshalle entstehen.
Noch im Sommer äußerte sich Oberbürgermeister sehr positiv und sprach von einem Grundsatzbeschluss für den neuen Standort, der dem Magistrat und den Stadtverordneten im Herbst vorgelegt werden solle.
Die ÖPNV-Anbindung an das Stadiongelände im Frankfurter Stadtwald ist bekanntlich unzureichend: Eine weitabgelegene S-Bahnstation "Stadion" und ein mehrgleisiger Endbahnhof der Tram an der Mörfelder Landstraße, sowie eine Busanbindung.
Ein Vergleich der Stadien in Berlin oder München zeigt, dass die Verkehrsanbindung in Frankfurt alles andere als zukunftstauglich ist.
Wer schon einmal nach einem Abendspiel der Eintracht zu Fuß auf dem Weg zur S-Bahnstation "Stadion" war, weiß was damit gemeint ist. Denn er war mehr oder minder über dunkle und mit Wurzeln durchzogene unbefestigte Wege unterwegs zum Bahnhof unterwegs.
Ebenso derjenige, der sich nach einem Stadionbesuch dazu entschied die Tram zu nehmen. Dabei konnte er hautnah und dicht gedrängt erleben, was es bedeutet im Einundzwanzigsten Jahrhundert den ÖPNV zu benutzen.
Überfüllte Straßenbahnen, fast wie eine einzige Schlange nahtlos aneinandergereiht, die sich hintereinander zwischen Stadion und Hauptbahnhof stauend im Schritttempo bewegten. Fahrzeit ungewiss!
Da dürfte der geplante künftige Einsatz von von Doppeltraktion-Straßenbahnen (zwei Fahrzeuge aneinander gekoppelt, auch nicht viel mehr bringen, denn diese Trams werden sich genauso langsam vom Stadion durch Niederrad zum Hauptbahnhof bewegen, wie die Bahnen heute.
Seit jeher wird in Frankfurt viel zu klein-klein gedacht! Nein, anderes erst wird groß gedacht! Doch die Erfahrung vergangener Jahrzehnte zeigt, es wird zwar immer Großes angekündigt, doch dann nur Kleines umgesetzt, dies gilt insbesondere für den ÖPNV!
Schon heute ist die Verkehrsbelastung bei Veranstaltungen im Stadion für Niederrad unerträglich, wie wird es dann nach der Fertigstellung der geplanten Multifunktionsarena sein?
In der Presseerklärung vom Juni 2024 heißt es: „Die Gutachten zeigen, dass eine Multifunktionshalle am Stadion möglich und sinnvoll ist“, so OB Josef.
Die Kosten für den Bau der Halle für bis zu 15.000 Zuschauer sollen sich auf rund 260 Millionen Euro belaufen. Stand heute:
Der von Oberbürgermeister Josef für Herbst angekündigte Grundsatzbeschluss für den Bau der Halle am geplanten Standort auf dem Stadiongelände steht noch aus!
Jetzt im November taucht für Realisierung der Halle ein neues (altes?) Problem auf!
Welche Verkehrsanbindung braucht es für einen derartigen Bau, ein Verkehrsgutachten gibt darüber Aufschluss.
Verkehrsgutachten: Besucher sollen auf Fahrrad, E-Scooter oder zu Fuß kommen. Doch wie realistisch ist das?
Bislang kommen 47 Prozent der Stadionbesucher mit dem Auto zum Stadion, künftig sollen es nur noch 37 Prozent sein. Dann dürften die Bahnen noch voller und im Sommer noch stickiger werden!
Sieht so eine durchdachte und nachhaltige Planung eines Prestigeprojekts, und deren Mobilitätsanbindung aus?
Zwar soll die im Bau befindliche Regionaltangente West (RTW) zwischen dem Frankfurter Taunusvorland und Neu-Isenburg bzw. Dreieich künftig auch am Stadion Halt machen, doch die Kapazität und Taktfolge dieser künftigen Schienenanbindung (1.100 Menschen pro Stunde) dürfte wohl kaum ausreichend sein.
Was passiert am Ende einer Veranstaltung, wenn vielleicht zeitgleich Fußballfans und Teilnehmer einer Veranstaltung in der Multifunktionsarena wieder nachhause wollen?
Kann das bei ausverkauften Arenen mit insgesamt 75.000 Menschen gelingen?
Schon heute, ohne Multifunktionsarena, leidet Frankfurts Stadtteil Niederrad unter hohem zusätzlichen Verkehrsaufkommen während der Veranstaltungen im Deutschen Bank Park.
Zu einem Gesamtkonzept für die Realisierung eines solchen Großprojekts bedarf es im Vorfeld einer umfassenden Planung, die nicht nur ein architektonisches Projekt umfasst, sondern auch Mobilitätsanbindung und Umweltaspekte, besonders in Zeiten der Klimakrise.
Früher gab es von Südbahnhof in Sachsenhausen über die Mörfelder Landstraße, die sogenannte "Lieschen-Strecke" eine teils eingleisige Verbindung die für Entlastung auf der vielbefahrenen Tramstrecke in Niederrad sorgte. Diese inzwischen stillgelegte Strecke könnte wieder reaktiviert und zweigleisig ausgebaut werden und somit zur Entlastung der vielbefahrenen Tramstrecke in Niederrad sorgen.
Doch die Stadt wimmelt ab, ein Wiederaufbau der "Lieschen-Strecke" entlang der Mörfelder Landstraße ist sei geplant, es erfordere einen zu hohen zeitlichen Aufwand bis zu deren Realisierung.
Vielleicht fürchtet man im Römer auch eine mögliche rechtliche Auseinandersetzung mit den Anwohnern entlang der Strecke, die man vermeiden möchte?
Vor Jahren hat man es von städtischer Seite versäumt, Mittel für einen leistungsfähigen Ausbau der U-Bahn bereitzustellen, angesichts heutiger klammer Haushaltskassen, ist ein derartiges Projekt heute nur noch schwer finanzierbar.
Oder doch?
Wir haben tief in unserem Redaktionsarchiv noch einen Netzplan für den Ausbau des S- und U-Bahnnetz aus dem Jahr 1970 gefunden.
Eine Verlängerung der U-Bahn vom Hauptbahnhof (D-Strecke) über Niederrad und Universitätsklinik oder vom Südbahnhof im weiten Bogen entlang der Mörfelder Landstraße zum Stadion und von dort weiter zum Flughafen (Terminal 3 oder 1 und 2), wäre einer Kostennutzenanalyse zu unterziehen und könnte bei einem positiven Ergebnis Bundes- und Landesmittel generieren.
Jedoch für eine bald zu realisierende Multifunktionsarena kommt dieses Planspiel zu spät!
Es gibt noch viele ungeklärte Fragen oder Fragezeichen, insbesondere was die Verkehrsanbindung anbelangt!
Angesichts dieser Tatsache bleibt abzuwarten, ob und wann, die seit Jahrzehnten gewünschte Multifunktionsarena am jetzt favorisierten Standort gebaut wird. (kl)